Das vergangene ist nicht Tod;
es ist nicht einmal vergangen.
Wir trennen es von uns ab und stellen uns fremd.
Christa Wolf (1929-2011)
Seit 20 Jahren beschäftige ich mich nun mit der Ahnen- und Familienforschung. Sie führte mich in das heimische Kirchenbüro wo ich ehrfürchtig mein erstes Kirchenbuch aufschlug, um die Hochzeit meiner Urgroßmutter 1900 zu suchen. Ich besuchte Heimatarchive und las mich durch diverse Chroniken. Viel Zeit verbrachte ich auch im Lesesaal der Forschungsstelle der Mormonen, auch hier wurden Kirchenbücher gelesen. Noch mehr Zeit mit der Forschung verbrachte ich allerdings im Netz. Hier erhielt ich meine erste Unterstützung durch freundliche Ahnenforscher in einschlägigen Listen und Foren zum Thema. Sie brauchten mir die ersten Schritte bei, es sollte aber noch lange dauern, bis ich mich auf dem Parkett der Ahnenforschung sicheren Ganges alleine bewegen konnte.
Meine Forschung in Oberschlesien stellte sich schwieriger dar als die meiner Ahnen, welche hier vor Ort lebten. Welches Kirchenbuch sollte ich bestellen?
Ich traf Mario, den wie mich die Suche nach der Weidner Sippe umtrieb. Das war ein toller Kontakt und Mario hat mir sehr geholfen.
Aus dem einstigen Pflänzchen der Sippe mütterlicherseits ist ein prächtiger Baum geworden.
Nur bei meinen Ostpreußen trat ich auf der Stelle. Der Mangel an persönlichen Dokumenten, erhaltenen Kirchenbüchern und Standesamtsunterlagen schien mein Forschungs-Projekt Ostpreussen zum Scheitern zu verurteilen.
Alles was ich besass waren
Sonntag den 23.11./00.45 Uhr +1952
gestorben: In Aue-Sachsen
Nicolai-Friedhof, Reihengrab No. 1:
geb. 12. April 1889 in Packerau bei Tharau/ Ostpreußen
Das es sich hier um meine Oma Anna Thiel, geb. Matz handeln musste war mir durch die Erzählungen meines Vaters klar. Darin nannte er meine Oma das Ännchen von Tharau.
Vater
geb. 15.12.1888 in Schnakeinen/Ostpreußen
Nach dem Tod meines Vaters fand ich sie in seinem Taschenkalender von 1952. In diesem Jahr starb meine Oma in Aue/ Sachsen, damals war das die sowjetisch besetzte Zone, später DDR.
Die Flucht aus Schnakeinen/Ostpreussen hatte beide im Januar 1945 getrennt. Oma Anna treckte mit Onkel Horst bis Stolp und wurde 1947 nach Aue umgesiedelt.
Mein Papa gelangte als schwer verwundeter Soldat im Alter von 25 Jahren zur gleichen Zeit über den Seeweg Pillau nach Lübeck in Holstein. Von dort aus ging er direkt in britische Gefangenschaft nach Munsterlager.
Von dort aus verschlug es ihn in die Lüneburger Heide, wo er 1946 meine Mutter kennen lernte.
Im Juni 1947 fand meine Oma meinen Vater durch ihre Suchanfragen wieder.
Zwei Jahre nach der Trennung besuchte er seine Mutter in Aue. Damals ein schwierigeres Unterfangen, als heute eine Reise auf einen anderen Kontinent.
Ein letzter Besuch von Angesicht zu Angesicht sollte es werden. Vaters letzter Gang war der, ans Grab seiner Mutter.
Ännchen Kirche in Tharau 2010. Foto von Bernhard Sontheim - Kaliningrad -